Lokalisierung

Al-Krenawi & Graham (Graham & Al-Krenawi 2013, S. 5) betonten die Bedeutung der Berücksichtigung kultureller Aspekte bei der Ausübung von Sozialarbeit mit arabischen Klient/innen. Wo man erkennen muss, dass im Gegensatz zu westlichen Klient/innen viele Interventionen mit arabischen Klient/innen besonders im Kontext des Familien-, Gemeinschafts- oder Stammeshintergrunds zu verstehen sind. Ein weiteres wichtiges Thema sind die unterschiedlichen Ansätze für das Geschlechterverhältnis unter arabischen Klient/innen. Daher ist es dringend notwendig, die Sozialarbeit im arabischen Raum zu lokalisieren und geeignete Methoden zu ihrer Umsetzung zu entwickeln.

Es sind mehrere Debatten über die Internationalisierung und Lokalisierung der Sozialarbeit entstanden. Diese fragen, ob Soziale Arbeit überhaupt in der Lage ist, universelle Theorien und Ansätze zu etablieren, die in jeden Kontext passen. Es wird derzeit diskutiert, ob die Globalisierung nur den westlichen Imperialismus fördert oder ob sie tatsächlich die Praktiken der Sozialen Arbeit verbessern kann (Gray 2005, S. 231). Solche Diskussionen über die Globalisierung haben die Relevanz lokaler Muster wieder deutlich gemacht, da die Lokalisierung oft als Gegenpol zur Globalisierung angesehen wird (Ife 2000, S. 3).

Als Konzept ist die Lokalisierung der Praxis der Sozialarbeit eng mit der Indigenisierung verbunden, die erstmals 1972 auf der Jahreskonferenz der Internationalen Vereinigung der Schulen der Sozialen Arbeit (originaler, englischer Titel: International Association of Schools of Social Work – IASSW) vorgestellt wurde. Es wurde angenommen, dass die Ära der Indigenisierung begonnen wurde, basierend auf den Bedürfnissen und Ressourcen der betreffenden Gesellschaft. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Schulen für Soziale Arbeit in dieser Hinsicht die Führung übernehmen müssen, da sich diese Institutionen an solche neuen Umstände anpassen müssen (Graham & Bradshaw 2007, S.94). 

Indigenisierung bedeutet, die Methoden der Sozialen Arbeit an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und ist daher eine mögliche Form der Lokalisierung der Sozialen Arbeit. Das bedeutet, dass lokale Faktoren Theorien und Methoden beeinflussen müssen, die praktischen Ansätzen zugrunde liegen (Gray 2005, S. 232).

Allerdings sind die Worte "indigen" oder "Indigenisierung" nicht zu verwechseln mit Anpassungen im Zusammenhang mit indigenen Völkern, denn einige Autor/innen verwenden den Begriff "indigenisieren" für die Sozialarbeit mit nicht-indigenen Gemeinschaften, während andere ihn ausschließlich zur Beschreibung der Sozialen Arbeit mit indigenen Völkern verwenden. Aus diesen Gründen bevorzugen viele Autor/innen den Begriff "Lokalisierung" (Graham & Bradshaw 2007, S. 93). 

So verstehen einige die Lokalisierung von Sozialer Arbeit ganz ähnlich wie die Indigenisierung, ohne den potenziell irreführenden Begriff zu verwenden, als das Muster der Erziehung, Praxis, Forschung und/oder Erbringung von Sozialdienstleistungen, das von einer Kultur zur anderen übernommen oder angepasst wird, aufgrund unterschiedlicher sozialer oder religiöser Einstellungen, die die Definition sozialer Probleme und ihrer Lösungen beeinflussen" (Walton & Abo-El-Nasr, zitiert in Graham & Bradshaw 2007, S. 93).

Nach unserer Wahrnehmung geht es dabei allerdings nur um eines von zwei Elementen des umfassenderen Konzepts der Lokalisierung. Die zweite ist die der Authentifizierung als weitere Strategie zur Lokalisierung der Sozialarbeit. Während sich die Indigenisierung eher auf eine Anpassung westlicher Importe an lokale Gegebenheiten konzentriert, bedeutet Authentifizierung, lokale Bedürfnisse, Daten und Ressourcen zu identifizieren, um daraus ein lokales Modell zu entwickeln. Es lässt sich argumentieren, dass die Autorisierung noch stärker auf lokale Bedürfnisse ausgerichtet ist, da Modelle ausschließlich durch die Analyse lokaler Bedürfnisse und Ressourcen etabliert werden, während sich die Indigenisierung bzw. Anpassung auch auf importierte Theorien und Methoden bezieht (Rehklau & Lutz 2009, S. 44).

Während Lokalisierung sowohl die Anpassung von entwickelten Konzepten aus dem Ausland an den lokalen Kontext als auch die authentische Entwicklung von Konzepten aus dem lokalen Kontext ist, setzt sich keiner dieser Ansätze im Allgemeinen gegen den anderen durch. Da es sich bei der Sozialen Arbeit um eine anwendungsorientierte Wissenschaft handelt, müssen die Kriterien für die Bewertung ihrer Aktivitäten immer die Kriterien sein, die am besten geeignet sind, um die in der globalen Definition genannten Ziele zur Förderung des sozialen Wandels und der sozialen Entwicklung, des sozialen Zusammenhalts sowie der Stärkung und Befreiung von Menschen zu erreichen.

Um diese Bewertung ordnungsgemäß durchführen zu können, sind Kenntnisse und Kompetenzen beider Ansätze - Anpassung und Authentifizierung - dringend erforderlich. Daher sollte die Lokalisierung niemals als Rückzug auf eine rein lokale Diskussion und Konzeptualisierung betrachtet werden. Stattdessen ist ein noch stärkerer internationaler, wenn nicht gar globaler Diskurs erforderlich. Das ist es, was LOSWAC speziell für den arabischen Raum zu initiieren versucht.

Nähere Informationen zum Thema können Sie unserem Basic Paper - Localisation of Social Work in Arab Countries entnehmen.

Bibliographie

  • Graham, John & Al-Krenawi, Alean (2013): 'International Social Work and Social Welfare. Middle East and North Africa'. Online unter: DOI:10.1093/acrefore/9780199975839.013.569 [07 July 2019].
  • Graham, John & Bradshaw, Cathryn (2007): 'Localisation of social work practice, education and research. A content analysis'. In: Social development issues, Vol. 29 (2) pp. 92-111. Online unter: www.researchgate.net/publication/224943973 [07 July 2019].
  • Gray, Mel (2005): 'Dilemmas of international social work. Paradoxical processes in indigenization, universalism and imperialism'. In: International Journal of Social Welfare Vol. 14 (3), pp. 231-238. Online unter: www.researchgate.net/publication/227605565 [07 July 2019].
  • Hendriks, Peter & Kloppenburg, Raymond (2016): 'Internationalization of Bachelor's programmes in Social Work in Europe'. In: Journal of Social Intervention: Theory and Practice, Vol. 25 (1), pp. 28-46. Online unter: DOI: 10.18352/jsi.476 [07 July 2019].
  • Ife, Jim (2000): 'Local and Global Practice. relocating social work as a human rights profession in the new global order'. IFSW/IASSW Blennial Conference, Montreal. Online unter: www.citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.576.5015&rep=rep1&type=pdf, [07 July 2019].
  • Rehklau, Christine & Lutz, Ronald (2009): 'Partnerschaft oder Kolonisation? Thesen zum Verhältnis des Nordens zur Sozialarbeit des Südens'. In: Wagner, Leonie & Lutz, Ronald (Hrsg.) 'Internationale Perspektiven Sozialer Arbeit, Dimensionen - Themen - Organisationen'. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Weitere Quellenangaben zum Thema finden Sie in unserem Reference Paper