Social Systems Game Theory (SGT)

In a Nutshell

Die Social Systems Game Theory (SGT) von Tom R. Burns definiert im Gegensatz zu klassischen Spieltheorien (Game Theories).

Spieltheorien an und für sich zielen auf das Modellieren von sozialen Interaktionen ab, wobei die klassische Spieltheorie aus den Bereichen der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften stammt und darauf ausgerichtet ist, Voraussagen über Handlungsabläufe in sozialen Interaktionen zu treffen. Dabei bilden verschiedene Rollen, Gewinnabsichten, Regeln, Strategien und verschiedene Formen von Spielen (kooperativ, nicht-kooperativ, evolutionär, etc.) die grundlegenden Elemente spieltheoretischer Analyse. Zentral bei diesen klassischen Theorien ist der Anspruch an Hyper-Rationalität von Seiten der Akteur*innen, die gleichbedeutend mit dem Ziel ist, den eigenen Gewinn mit der gewählten Strategie zu maximieren. 

Burns' Theorie der Social Systems Game Theory konterkariert den Anspruch an Hyper-Rationalität mit der Realität von verschieden und teilweise nicht immer rational agierenden Personen. Die SGT begreift soziale Interaktion als flexibel und räumt den Spieler*innen neben der Möglichkeit irrationalen bzw. emotionalen Handelns ebenfalls die Möglichkeiten eines sich dynamisch ändernden Spiels mit wechselnden Rollen ein. Durch diese Flexibilität wird aus dem mathematisch-gewinnorientierten Konzept der Spieltheorie ein Modell für reale soziale Interaktion, wie sie ebenfalls in musiktherapeutischen Improvisationen stattfindet. 

Dazu liefert Burns ebenfalls ein Modell zum Ablauf sozialer Interaktion, sowie die Möglichkeit einzelne Rollen in ihren Spielvorstellungen, Wertverständnissen, Handlungsoptionen und Entscheidungsprozessen zu analysieren. 

Rolle in HIGH-M

Die Social Systems Game Theory bildet keinen integralen Bestandteil der Automatisierung der Autonomy Microanalysis, bietet aber ein äußerst potentes Framework zur Formalisierung der Autonomy Profile Gradienten

Im Zuge der Arbeit von HIGH-M werden die Situation der klinischen Improvisation als Situation des Spielens und die darin entstehenden musikalischen Interaktionen als einzelne Handlungen in diesem Spielverlauf interpretiert. Durch das Mapping der Improvisation auf die Spieltheorie entsteht dabei nicht nur ein Modell der sozialen Realität in der Improvisation, das Werte und Ziele von Klient*in und Therapeut*in in ein Verhältnis zu musikalischen Handlungsoptionen, sondern ebenfalls ein strukturelles Modell zum Ablauf von musikalischen Interaktionen, das sowohl mit der Autonomy Microanalysis, wie auch der Music Therapy Toolbox kompatibel ist.   

Die einzelnen Gradienten der Autonomy Microanalysis (Dependent, Follower, Partner, Leader, Resister) werden in diesem Kontext als Handlungsoptionen verstanden, die gleichzeitig Aktion und Reaktion, als Resultat intrapersönlicher Prozesse sind. Bei der Analyse und Anwendung der SGT zur Analyse musikalischer Interaktion in klinischen steht vor allem das "wie" und nicht das "warum" im Fokus, weshalb sich HIGH-M primär auf den strukturierenden Aspekt der Spieltheorie fokussiert.     

Die SGT bildet damit das Bindeglied zwischen Autonomy Microanalysis und Music Therapy Toolbox, indem sie eine formalisierende Sprache und ein Modell für musikalisch-soziale Interaktionen bereitstellt, das entlang der Änderung von musikalischem Verhalten konzipiert werden kann. 

Eine Grafik, in der zahlreiche beschriftete Kästen mit Pfeilen verbunden sind. Ein großer Kasten in der Mitte, der zweigeteilt ist und die Überschriften Social Agent A und Social Agent B trägt. Jeder Social Agent zeigt einen kleineren Kasten, die jeweils mit Role 1 bzw. 2 überschrieben sind (je nach Agent werden die inneliegenden Elemente nummeriert, es wird Social Agent A beschrieben). Im Zentrum dieser kleineren Kästen steht DET(1,t) - darum herum befinden sich vier weitere Elemente, die durch wechselseitige Pfeile mit dem Zentrum verbunden sind. Im Uhrzeigersinn umfassen diese MODEL(1,t), VALUE(1,t), ACT (1,t) und J(1,t). Der große Kasten ist mit einem Pfeil zu "INTERACTIONS AND OUTCOMES" verbunden. Dieses ist nach links hin mit "PHYSICAL ECOSYSTEM, STRUCTURES. TIME, SPACE AND OTHER MATERIAL CONDITIONS", das ebenfalls über "SPECIFIC INTERACTION CONDITIONS" zum Ursprung zurückgebunden ist. Nach rechts hin sind "INTERACTIONS AND OUTCOMES" erneut mit dem großen Kasten in der Mitte und oberhalb "CULTURAL/INSTITUTIONAL ARRANGEMENT" verbunden, der ebenfalls auf den großen Kasten hinführt.
Burns, T. R., Roszkowska, E., Machado Des Johansson, N., & Corte, U. (2018). Paradigm Shift in Game Theory Sociological Re-Conceptualization of Human Agency, Social Structure, and Agents’ Cognitive-Normative Frameworks and Action Determination Modalities. Strömstad Akademi, 25.

Literatur

Burns, T. R., & Roszkowska, E. (2005). Generalized Game Theory: Assumptions, Principles, and Elaborations Grounded in Social Theory. Studies in Logic, Grammar and Rhetoric21(8), 7–40.

Burns, T. R., & Roszkowska, E. (2006). Social Judgement in Multi-Agent Systems. In R. Sun (Ed.), Cognition and Multi-Agent Interaction: From Cognitive Modeling to Social Simulation (1. publ). Cambridge Univ. Press.

Burns, T. R., Roszkowska, E., Faculty of Economics and Management, University of Bialystok, Corte, U., Department of Sociology, University of Uppsala, Uppsala, Sweden and Helsinki Collegium for Advanced Studies, Finland, Machado, N., & Lisbon University Institute (ISCTE), Lisbon, Portugal. (2017). Sociological Game Theory: Agency, Social Structures and Interaction Processes. Optimum. Studia Ekonomiczne5(89), 187–199. https://doi.org/10.15290/ose.2017.05.89.13

Burns, T. R., Roszkowska, E., Machado Des Johansson, N., & Corte, U. (2018). Paradigm Shift in Game Theory Sociological Re-Conceptualization of Human Agency, Social Structure, and Agents’ Cognitive-Normative Frameworks and Action Determination Modalities. Strömstad Akademi.